Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 14. Juni 2016 – II ZR 121/15 entschieden, dass ein Genussscheininhaber nach allgemeinen Grundsätzen Rechenschaftslegung von dem Emittenten verlangen kann, soweit dies zur Plausibilisierung seines Anspruchs benötigt wird.
Zur Entscheidung
Ein weitergehender Auskunftsanspruch zur einzelnen Bilanzpositionen besteht aber nur bei dem begründeten Verdacht eines rechtsmissbräuchlichen oder gezielt den Interessen der Genussscheininhaber zuwider laufenden Maßnahmen. Die zulässige Ausübung von Gestaltungsspielräumen bei der Aufstellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendung hat der Genussscheininhaber aber grundsätzlich hinzunehmen.
Das Genussrechtsverhältnis sei ein Dauerschuldverhältnis eigener Art, da das Genussrecht auf wiederkehrende Leistung gerichtet ist. Es begründet aber keine Gesellschafterrechte, insbesondere keine Teilnahme- und Stimmrechte, so dass den Genussscheininhaber auch nicht die Kontrollrechte der Gesellschafter, etwa nach § 233 HGB, zustehen.
Auch wenn die Genussrechtsbedingungen dies vertraglich nicht vorsehen, hat aber der Genussrechteinhaber einen Informationsanspruch nach den allgemeinen Regelungen. Aus §§ 666, 681, 687 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 242 BGB ergebe sich der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass rechenschaftspflichtig ist, wer fremde oder solche Angelegenheiten besorgt, die zugleich fremd und eigene sind. Diese Rechenschaftslegungspflicht bestehe bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts in Ungewissen ist, der Verpflichtete hingegen unschwer in der Lage ist, solche Auskünfte zu erteilen.
Der Umfang dieser Rechenschaftspflicht bestimmt sich danach und findet seine Grenze darin, was zur Plausibilisierung des Anspruches des Berechtigten benötigt wird.
Im entschiedenen Fall hatte der Genussscheininhaber Anspruch auf eine festgelegte Zinsleistung. Diese sollte nur entfallen, wenn dadurch ein Bilanzverlust entstehen würde.
Der BGH hat daher angenommen, dass die Pflicht zur Rechenschaftslegung in diesem Fall nur in der Mitteilung des Jahresabschlusses besteht. Denn soweit die Genussscheinbedingungen regeln, dass ein Bilanzverlust durch die Zinszahlungen nicht entstehen dürfe, nehmen sie Bezug auf die aktienrechtlichen Vorschriften zum Bilanzverlust in § 158 Abs. 1 Nr. 5 AktG, und damit auf einen Teil der Rechnungslegung im Jahresabschluss. Die nach § 259 Abs. 1 BGB geschuldete geordnete Zusammenstellung, sei daher mit dem Jahresabschluss des Gesellschaft identisch.
Ein Recht des Genussrechtsinhabers auf Einsichtnahme in die gesamte Buchführung oder Erläuterung von einzelnen Rechnungspositionen bestehe dagegen nicht. Denn der Genussscheininhaber habe grundsätzlich keinen Anspruch auf Korrektur von Bilanzpositionen. Er müsse vielmehr einen nicht nach § 256 AktG nichtigen, festgestellten Jahresabschluss und jedenfalls einen nicht gegen § 254 AktG verstoßenden Gewinnverwendungsbeschluss hinnehmen.
Hierzu gehöre auch, dass die bei der Aufstellung des Jahresabschlusses wie auch beim Gewinnverwendungsbeschluss durch Ausübung von Bilanzierungswahlrechten oder Rücklagenbildung zulässige Auswirkung von Gestaltungsspielräumen hingenommen werden muss.
Mit der vertraglichen Vereinbarung in den Genussrechtsbedingungen, dass die Zinszahlung vom Bilanzgewinn abhängig sei, habe der Genussscheininhaber das Risiko der Rücklagenbildung und der zulässigen Wertberechtigung übernommen.
Ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches wegen Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB setze zumindest einen begründeten Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und eines daraus resultierenden Schadens des Genussscheininhabers voraus. Dies könne der Fall bei einer rechtsmissbräuchlichen oder gezielt den Interessen der Genussscheininhaber zuwider laufenden Verhaltensweise der Gesellschaft in Frage kommen, oder wenn ein Aktionär der Gesellschaft die Gewinnfeststellung oder Gewinnverwendung nach § 254 AktG anfechten könne. Dies sei jedoch bei einer zulässigen Ausübung von Gestaltungsspielräumen nicht der Fall und in dem entschiedenen Fall hatten die Kläger auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ein begründeter Verdacht für eine solche Pflichtverletzung und gezielte Schädigungen der Genussscheininhaber ergeben.
Hinweis für die Praxis
Der BGH bestätigt den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jemand, der – zumindest auch – fremde Angelegenheiten besorgt, zur Rechenschaft verpflichtet ist, wenn der Berechtigt in entschuldbarer Weise keine Kenntnisse über den Umfang seines Anspruches haben kann, der Verpflichtete die Auskünfte aber unschwer erteilen kann.
Gleichzeitig werden in dem Urteil aber auch die Grenzen dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes aufgezeigt. Danach besteht die Rechenschaftspflicht nur in dem Umfang, wie sie zur Plausibilisierung des Rechtsverhältnisses und des darauf resultierenden Anspruches erforderlich ist. Die Rechenschaftspflicht soll nicht zu einer allgemeinen Auskunftspflicht führen, die dann im Ergebnis über die Informationsrechte eines Gesellschafters hinausgehen würden. Auch hierzu wurde wieder eine Ausnahme aufgezeigt. Wenn das Bestehen eines Sonderrechtsverhältnisses, zum Beispiel aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung und eines daraufhin eingetretenen Schadens gemäß § 280 Abs. 1 BGB zumindest mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dargelegt werden kann, können auch aus diesem Rechtsverhältnis zusätzliche Rechenschaftspflichten folgen. Insoweit ist aber derjenige darlegungs-und beweispflichtig, der diesen Anspruch geltend macht.
Stichwörter
BGH, Urteil vom 14. Juni 2016 II ZR 121/15, § 221 AktG, § 259 BGB, Rechnungslegungspflicht, Genussrechte, Zinsanspruch, Auskunftsanspruch, Informationsansprüche, §§ 666, 681, 687 Abs. 2 BGB, § 242 BGB, Genussscheininhaber