Aufklärungspflicht über Mieterträge bei Grundstückskauf

Mit Urteil vom 01.02.2013 – Az. V ZR 72/11 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Verkäufer den Käufer auch ungefragt über besondere Umstände aufklären muss, wenn diese ein falsches Bild über die Mieteinnahmen und Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes vermitteln und dies für die Kaufentscheidung erkennbar von wesentlicher Bedeutung ist.

Im Kaufvertrag vereinbarte Informations- und Aufklärungspflichten können dabei auch über das hinausgehen, was aufgrund der gestzlichen Pflichten in einem vorvertraglichen Schuldverhältnis offenzulegen wäre.  

Zur Entscheidung

Der Beklagte hatte der Klägerin unter anderem ein mit einem Einkaufszentrum bebautes Grundstück verkauft. Der Kaufpreis wurde anhand der Jahresmieten multipliziert mit einem vereinbarten Faktor errechnet. Die angegeben Miethöhe wurde außerdem vom Verkäufer vertragliche garantiert. Außerdem garantierte der Verkäufer, dass er den Beratern des Käufers alle Mietverträge mit Nachträgen, Zusatzvereinbarung und Korrespondenz übergeben habe. 

Allerdings wurden die Flächen von dem Hauptmieter seit Jahren gar nicht mehr selber genutzt, sondern waren untervermietet. Der Untermieter bezahlte aber nur eine Miete in Höhe von rund 25 % der Hauptmiete.

Dem Käufer war die Untervermietung zwar bekannt, aber nicht die erhebliche Abweichung der tatsächlich derzeit erzielten Untermiete von der (aufgrund von alten Mietverträgen) angegebenen Hauptmiete.   

a)

Der BGH stellte zunächst fest, dass eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung der gesetzlichen Aufklärungspflichten aus vorvertraglichem Schuldverhältnis gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB aufgrund der besondere Umstände nicht vorlag.

Es bestehe zwar grundsätzlich bei Vertragsverhandlungen eine Pflicht, die andere Vertragspartei über Umstände aufzuklären, die erkennbar den Vertragszweck des anderen vereiteln können und für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind und er daher die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwarten darf.

Ein solcher wesentlicher Umstand, über den aufzuklären ist, können auch die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes und die Mieteinnahmen sein. Vermitteln diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund besondere Umstände ein falsches Bild, so kann eine Pflicht des Verkäufers bestehen, den Käufer darüber auch ungefragt aufzuklären.

Die Aufklärungspflicht setze aber voraus, dass die Fehlvorstellungen des Käufers für seine Kaufentscheidung wesentlich sind. Diese Voraussetzung fehlte, da die Käuferin wohl erkennbar ohnehin nicht von einer Fortsetzung der bestehenden Mietverhältnisse zum gleichen Mietzins ausging, sondern nach deren Auslaufen andere Pläne mit dem Grundbesitz hatte.

b) 

Der BGH stellte aber dann klar, dass die vertraglich vereinbarte Informationspflicht des Verkäufers auch über die gesetzliche Pflicht zur Aufklärung hinausgehen könne und sich ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung der vertraglichen Vereinbarungen trotzdem sehr wohl ergeben könne.  

Verpflichtet sich der Verkäufer im Kaufvertrag, Auskunft über bestimmte Umstände zu geben und garantiert auch die Richtigkeit der Angaben, muss er dieser Informationspflicht auch nachkommen.

Der Beklagte hatte im vorliegenden Fall der Klägerin Unterlagen bzgl. der Mieteinnahmen übergeben. Jedoch waren diese nicht vollständig. Insbesondere die Korrespondenz zwischen Hauptmieterin und Untermieterin fehlte, aus welcher der abweichende Mietzins ersichtlich geworden wäre. Hieraus ergebe sich eine mögliche vertragliche Pflichtverletzung gem. § 280 Abs.1 S.1 BGB, die einen Schadensersatzanspruch begründen kann.

Hinweis für die Praxis

Der BGH hat zum einen klargestellt, dass der Verkäufer wesentliche Informationen auch ungefragt offen legen muss – allerdings nur, wenn diese erkennbar entscheidende Bedeutung für die Willensbildung und die Entscheidug des Käufers haben.

In diesem Fall kann der Verkäufer dann – auch wenn der Käufer eine Due Diligence durchführt – sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dass der Käufer nach bestimmten Umständen nicht ausdrücklich gefragt habe.

Die gesetzliche Regelung birgt also sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer Risiken und Unwägbarkeiten, ob die unterlassene Aufklärung zu einem Anspruch führt oder nicht. Hinzu tritt das – weniger rechtliche als sehr praktische Risiko – ob die Sache dann auch noch bei einem Richter landet, der mit dem Begriff einer Due Diligence überhaupt etwas anfangen kann (die Chancen sind derzeit wohl eher gering).

Aus diesem Grund sind möglichst klare und eindeutige vertragliche Regelungen zu den Informationen wichtig – wobei nicht nur vereinbart werden kann, welche Informationen zu erteilen sind, sondern ggf. auch, welche nicht. 

Der BGH hat die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück verwiesen und dabei Hinweise zur Darlegungs- und Beweislast gegeben:

  • Der Käufer muss darlegen, dass er bei einer Erfüllung der vertraglichen Aufklärungspflicht vernünftigerweise die Möglichkeit gehabt hätte, eine Vertragsänderung zu verlangen.
  • Der Verkäufer kann sich dann exkulpieren, indem er beweist, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte.
  • Auch einen Verzicht auf Informationen müsste der Verkäufer beweisen.
  • Ein Mitverschulden sei dem Käufer unabhängig von der Frage, ob er überhaupt eine Prüfungsobliegenheit vor dem Erwerb des Grundbesitzes hatte, nicht anzurechnen. Dieser habe eine ordnungsgemäße Prüfung durch seine Berater durchführen lassen und die besonderen Umstände blieben nur wegen der Verletzung der vertraglichen Informationspflichten durch den Verkäufer unentdeckt.

Stichwörter

BGH, Urteil vom 01.02.2013; Az. V ZR 72/11; Schadensersatz, §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2, 433 Abs.1, vorvertragliches Schuldverhältnis, Aufklärungspflicht, Mieterträge, Grundstückskauf, Grundstückskaufvertrag, Immobilienkauf, vertragliche Informationspflicht, gesetzliche Informationspflicht.

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