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Formmangel bei Schenkungsvertrag über gesamtes Vermögen – keine Heilung durch Vollzug


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Zur Entscheidung:

In dem zugrun­de­lie­gen­den Fall hat­te eine Erb­las­se­rin kurz vor ihrem Able­ben mit dem Beklag­ten ver­ein­bart, dass er alles bekom­men sol­le, was sie habe. Der BGH stell­te fest, dass unab­hän­gig von dem Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses, dies zumin­dest ein Ver­trag sei, der auf die Über­tra­gung des gesam­ten gegen­wär­ti­gen Ver­mö­gens gerich­tet sei.

Ein sol­cher Ver­trag bedür­fe gem. § 311b Abs. 3 BGB der nota­ri­el­len Form, ins­be­sond­re auch wenn die Ver­mö­gens­über­tra­gung erst kurz vor dem Able­ben des Erb­las­sers erfol­gen soll­te.

Denn das Form­erfor­der­nis bezwe­cke auch eine Umge­hung der für Ver­fü­gun­gen von Todes wegen ein­zu­hal­ten­den Form­erfor­der­nis­se.

Da die Par­tei­en die nota­ri­el­le Form nicht ein­ge­hal­ten hat­ten, sei die Ver­ein­ba­rung der Erb­las­se­rin mit dem Beklag­ten gem. § 125 BGB nich­tig. Die­ser Man­gel der Form sei auch nicht durch den Voll­zug der Schen­kung geheilt wor­den.

Das deut­sche Zivil­recht ken­ne kei­nen all­ge­mei­nen Grund­satz der Hei­lung eines form­nich­ti­gen Ver­tra­ges durch Erfül­lung. Viel­mehr kom­me die Erfül­lung nur bei den­je­ni­gen Rechts­ge­schäf­ten einer hei­len­den Wir­kung zu, bei denen dies vom Gesetz bestimmt wer­de.

Für den Voll­zug einer Schen­kung sehe § 518 Abs. 2 BGB eine hei­len­de Wir­kung des Form­man­gels vor. Die­se Wir­kung sei aber auf den Form­man­gel nach § 518 Abs. 1 BGB (nota­ri­el­le Beur­kun­dung) beschränkt. Sie beru­he auf dem Gedan­ken, dass der Schen­ker kei­nen Schutz durch das Form­erfor­der­nis der Schen­kung bedarf, wenn er sich durch den Voll­zug des Schen­kungs­ver­spre­chens tat­säch­lich des Ver­mö­gens­ge­gen­stan­des bege­ben hat. In die­sem Fall dür­fe der Rechts­frie­de eben­so wenig wie bei einer Hand­schen­kung durch einen Rück­for­de­rungs­an­spruch im Hin­blick auf den tat­säch­lich an den Schen­kungs­be­rech­tig­ten bereits über­tra­ge­nen Ver­mö­gens­ge­gen­stand belas­tet wer­den.

§ 311b BGB ver­folgt dage­gen einen wei­te­ren Schutz­zweck und ent­hält ent­spre­chend auf kei­ne mit § 518 Abs. 2 BGB ver­gleich­ba­re Hei­lungs­vor­schrift. Der Betrof­fe­ne soll mit dem Form­zwang gem. § 311b Abs. 3 BGB vor einer über­eil­ten Über­tra­gung sei­nes gesam­ten Ver­mö­gens und nicht nur eines ein­zel­nen, schen­kungs­wei­se weg­ge­ge­be­nen Gegen­stan­des geschützt wer­den. Außer­dem bezweckt das Form­erfor­der­nis in § 311b Abs. 3 BGB auch eine Umge­hung der für Ver­fü­gun­gen von Todes wegen gel­ten­den Vor­schrif­ten. Daher kön­ne die form­hei­len­de Wir­kung des Schen­kungs­voll­zugs gemäß § 518 Abs. 2 BGB nicht auf das Form­erfor­der­nis über­tra­gen wer­den, wel­ches sich (gege­be­nen­falls auch) aus § 311b Abs. 3 BGB ergibt.

Hinweis für die Praxis:

Da das Schen­kungs­ver­spre­chen man­gels nota­ri­el­ler Beur­kun­dung im ent­schie­de­nen Fall unwirk­sam war, erfolgt für die Über­tra­gung ohne Rechts­grund und der Beklag­te muss­te die erhal­te­nen Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de gemäß § 812 Abs. 1 BGB nach den Grund­sät­zen der unge­recht­fer­tig­ten Berei­che­rung her­aus­ge­ben.

Das BGB kennt an ver­schie­de­nen Stel­len eine Hei­lungs­wir­kung, wenn der zunächst form­nich­ti­ge Ver­trag dann von den Par­tei­en tat­säch­lich voll­zo­gen wird. Dies ist z.B. für einen form­nich­ti­gen Grund­stücks­kauf­ver­trag vor­ge­se­hen, wenn die Über­eig­nung des Grund­stü­ckes dann tat­säch­lich in das Grund­buch ein­ge­tra­gen wird, § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch für die Schen­kung ist grund­sätz­lich eine nota­ri­el­le Beur­kun­dung und in § 518 Abs. 2 BGB eine Hei­lung des form­nich­ti­gen Schen­kungs­ver­spre­chens vor­ge­se­hen, wenn der ver­spro­che­ne Gegen­stand tat­säch­lich aus dem Ver­mö­gen des Schen­kers aus­ge­son­dert und in das Ver­mö­gen des Beschenk­ten über­tra­gen wird. Der Schen­ker wird inso­weit durch die für ihn unmit­tel­bar spür­ba­re Weg­ga­be des Ver­mö­gens­ge­gen­stan­des aus sei­nem Ver­mö­gen vor Über­ei­lung geschützt. Auch wenn das Schen­kungs­ver­spre­chen gege­be­nen­falls leicht­fer­tig und vor­schnell erfolg­te, wird der Schen­ker sich bei der tat­säch­li­chen Weg­ga­be des Ver­mö­gens­ge­gen­stan­des in der Regel der Kon­se­quen­zen sei­ner Hand­lun­gen bewusst. Die Hei­lungs­vor­schrift dient auch dem Rechts­frie­den, da im täg­li­chen Leben eine Viel­zahl von klei­nen Schen­kun­gen ver­spro­chen und voll­zo­gen wer­den, für die schon rein aus rein prak­ti­schen Grün­den nicht jeweils eine nota­ri­el­le Beur­kun­dung vor­ge­nom­men wer­den kann. Es wür­de den Rechts­frie­den erheb­lich belas­ten, wenn sämt­li­che die­ser Schen­kun­gen auf­grund des Form­man­gels dau­er­haft mit einem mög­li­chen Rück­for­de­rungs­an­spruch des Schen­kers belas­tet blie­ben.

Anders sieht dies jedoch für die Schen­kung des gesam­ten Ver­mö­gens aus, für wel­ches die Vor­schrift in § 311b Abs. 3 BGB gilt. Das gesam­te Ver­mö­gen wird nicht bei all­täg­li­chen Gele­gen­hei­ten über­tra­gen. Daher soll sowohl der Doku­men­ta­ti­ons­zweck als auch der Schutz vor Über­ei­lung durch eine nota­ri­el­le Beur­kun­dung gewahrt blei­ben.

Schon die Rege­lung in unter­schied­li­chen Vor­schrif­ten zeigt, dass der Gesetz­ge­ber für die Schen­kung von ein­zel­nen Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den in § 518b BGB eine ande­re Rege­lung tref­fen woll­te als für die in § 311b Abs. 3 BGB gere­gel­te Schen­kung hin­sicht­lich des gesam­ten Ver­mö­gens. Inso­weit kann auch die Hei­lungs­vor­schrift in § 518 Abs. 2 BGB für die ein­fa­che Schen­kung nicht auf die Schen­kung gemäß § 311b Abs. 3 BGB über­tra­gen wer­den.

Stichwörter

BGH, Urteil vom 28.06.2016, X ZR 65/14, Form­man­gel eines Schen­kungs­ver­tra­ges, nota­ri­el­le Beur­kun­dung, § 311b Abs. 3 BGB, § 518 Abs. 1 BGB, Schen­kungs­ver­spre­chen, Hei­lungs­vor­schrift, Form­erfor­der­nis, Ver­mö­gens­ge­gen­stand, Rück­for­de­rungs­an­spruch, Schen­ker, Beschenk­te, Schen­kung, Über­tra­gung des Ver­mö­gens, Voll­zug der Schen­kung

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