Y

Haftungsausschluss für öffentliche Äußerungen bei Grundstückskaufvertrag


Autor:

Zur Entscheidung:

Im ent­schie­de­nen Fall ging es um ein Grund­stück, wel­ches mit einem Wohn­haus bebaut war. Der Ver­käu­fer hat­te das Objekt in sei­nen Prä­sen­ta­ti­ons­un­ter­la­gen als im Jahr 1999 / 2000 errich­te­tes mas­si­ves Archi­tek­ten­haus beschrie­ben. In das Gebäu­de wur­de aber eine Außen­wand inte­griert, die aus einer vor 1999 erbau­ten Scheu­ne stamm­te. Die Käu­fer ver­lang­ten nun Scha­dens­er­satz wegen der ein­be­zo­ge­nen Alt­bau­sub­stanz.

Der BGH stell­te zunächst fest, dass nach § 434 Abs.1 Satz 3 BGB zur Soll­be­schaf­fen­heit einer Kauf­sa­che auch die Eigen­schaf­ten gehö­ren, die der Käu­fer nach den öffent­li­chen Äuße­run­gen des Ver­käu­fers erwar­ten darf, wozu auch Anga­ben in einem Expo­sé gehö­ren.

Das Bau­jahr eines Gebäu­des gehö­re regel­mä­ßig zu den Eigen­schaf­ten eines bebau­ten Grund­stü­ckes, da es des­sen Wert beein­flusst. Ob das Bau­jahr eines Hau­ses der nach § 434 Abs.1 Satz 3 BGB geschul­de­ten Beschaf­fen­heit aber nicht mehr ent­spre­che, weil bei der Errich­tung ein älte­res Bau­teil inte­griert wur­de, hän­ge davon ab, ob bei objek­ti­ver Betrach­tung die berech­tig­ten Erwar­tun­gen des Käu­fers im Hin­blick auf das ange­ge­be­ne Bau­jahr ent­täuscht wer­den. Dies kön­ne nicht all­ge­mein ange­nom­men wer­den, son­dern sei danach zu beur­tei­len, ob das Haus durch das älte­re Bau­teil der­art geprägt wer­de, dass es den Cha­rak­ter ver­liert, in dem erwar­te­ten Bau­jahr erstellt wor­den zu sein.

Je älter, umfang­rei­cher und bedeu­ten­der das älte­re Bau­teil ist, des­to eher wird auch aus der objek­ti­vier­ten Sicht eines Käu­fers das Haus ins­ge­samt nicht mehr als in dem geschul­de­ten Bau­jahr errich­tet anzu­se­hen sein.

Selbst sofern nach die­ser Betrach­tungs­wei­se ein Man­gel vor­ge­le­gen habe, sei jeden­falls der im nota­ri­el­len Kauf­ver­trag ent­hal­te­ne Haf­tungs­aus­schluss zu beach­ten.

Denn der in einem Grund­stücks­kauf­ver­trag ver­ein­bar­te umfas­sen­de Haf­tungs­aus­schluss umfas­se auch die nach öffent­li­chen Äuße­rung des Ver­käu­fers zu erwar­ten­den Eigen­schaf­ten eines Grund­stü­ckes oder des auf­ste­hen­den Gebäu­des.

Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des BGH umfasst ein ver­trag­lich ver­ein­bar­ter Haf­tungs­aus­schluss für Sach­män­gel nicht die Haf­tung des Ver­käu­fers für die nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aus­drück­lich ver­ein­bar­ten Eigen­schaf­ten. Viel­mehr umfas­se der Haf­tungs­aus­schluss nur die Eigen­schaf­ten, wel­che nicht aus­drück­lich ver­ein­bart wur­den, son­dern die der Käu­fer gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 erwar­ten kann.

Da die öffent­li­chen Äuße­run­gen des Ver­käu­fers gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB den nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (nicht aus­drück­lich ver­ein­bar­ten Eigen­schaf­ten) gleich­ste­hen, kön­ne der Ver­käu­fer danach auch sei­ne Haf­tung für das Feh­len die­ser Eigen­schaf­ten ver­trag­lich aus­schlie­ßen.

Dem ste­he zumin­dest bei Abschluss eines nota­ri­ell zu beur­kun­den­des Grund­stück­kauf­ver­tra­ges auch nicht ent­ge­gen, dass aus Sicht des Käu­fers die öffent­li­chen Äuße­run­gen des Ver­käu­fers nicht nur die Erwar­tun­gen an die Beschaf­fen­heit der Sache prä­gen, son­dern auch zu den Begleit­um­stän­den gehö­ren kön­nen, die zur Aus­le­gung des Haf­tungs­aus­schlus­ses her­an­zu­zie­hen sind.

Denn Grund­stücks­kauf­ver­trä­ge müs­sen gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB ins­ge­samt nota­ri­ell beur­kun­det wer­den. Dabei müs­sen in der Ver­trags­ur­kun­de alle Erklä­run­gen auf­ge­nom­men wer­den, die Inhalt der ver­trag­li­chen Rege­lung sein sol­len, damit die Urkun­de nicht ins­ge­samt unwirk­sam wird.

Da die Ver­trags­par­tei­en im Regel­fall kei­nen Ver­trag abschlie­ßen wol­len, der wegen Nicht­be­ur­kun­dung von wesent­li­chen Rege­lun­gen nich­tig ist, prägt die­ser Umstand die Aus­le­gung des Inhalts und des Haf­tungs­aus­schlus­ses.

Die Ver­hand­lung der nota­ri­el­len Urkun­de stel­le damit eine Zäsur dar. Die Par­tei­en kön­nen nicht davon aus­ge­hen, dass vor­ver­trag­li­che Infor­ma­tio­nen, Äuße­run­gen, etc. zum Inhalt der ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung wer­den, wenn die geschul­de­te Beschaf­fen­heit im Kauf­ver­trag nicht erwähnt wird. Dies gel­te aber auch für öffent­li­che Äuße­run­gen des Ver­käu­fers.

Der Ver­käu­fer haf­tet zwar grund­sätz­lich für Sach­män­gel, die auf dem Feh­len sol­cher Eigen­schaf­ten beru­hen, weil die Rege­lung im § 434 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB auch für Grund­stücks­kauf­ver­trä­ge gel­te. Die­se Rege­lung gel­te aber nur unter dem Vor­be­halt, dass nichts ande­res ver­ein­bart ist. Ent­schei­dend sei daher, was in der nota­ri­el­len Urkun­de ver­ein­bart wer­de. Ent­hal­te die­se einen unein­ge­schränk­ten Haf­tungs­aus­schluss, so sei dies in aller Regel so aus­zu­le­gen, dass der Ver­käu­fer gera­de nicht für die Eigen­schaf­ten haf­ten will, die der Käu­fer nach § 434 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB erwar­ten kann. Die Par­tei­en machen viel­mehr von der Mög­lich­keit einer abwei­chen­den Ver­ein­ba­rung Gebrauch, um die Haf­tung für das Feh­len sol­cher Eigen­schaf­ten voll­stän­dig aus­zu­schlie­ßen.

Auch der umfas­sen­de Haf­tungs­aus­schluss für Sach­män­gel im nota­ri­el­len Kauf­ver­trag umfas­se aber nicht die Haf­tung für arg­lis­tig ver­schwie­ge­ne Män­gel.

Ein Ver­käu­fer, der durch eine unrich­ti­ge Anga­be über das Kauf­ob­jekt eine Fehl­vor­stel­lung des Käu­fers her­vor­ruft, trifft die Pflicht zur Auf­klä­rung die­ser fal­schen Vor­stel­lung. Ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen durch Unter­las­sen die­ser Auf­klä­rung ist aber nur gege­ben, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel kennt oder zumin­dest für mög­lich hält und zugleich weiß oder damit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Offen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten Inhalt geschlos­sen hät­te. Danach ist zunächst stets die Kennt­nis von dem Man­gel, bzw. den Man­gel begrün­de­ten Umstän­den zumin­dest in Form des Even­tu­al­vor­sat­zes not­wen­dig. Liegt die­se Kennt­nis vor, ist es uner­heb­lich, ob der Käu­fer dar­auf den Schluss auf einen Man­gel im Rechts­sin­ne gezo­gen hat. Zusätz­lich zur Kennt­nis von den man­gel­be­grün­de­ten Umstän­den muss der Ver­käu­fer auch gewusst oder zumin­dest für mög­lich gehal­ten haben, dass die öffent­li­chen Äuße­run­gen und Anga­ben eine Fehl­vor­stel­lung bei einem durch­schnitt­li­chen Käu­fer her­vor­ru­fen.

Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen vor, so kann sich der Ver­käu­fer gem. § 444 BGB nicht auf eine ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung über den Haf­tungs­aus­schluss beru­fen.

Hinweis für die Praxis:

Selbst wenn sich der Ver­käu­fer nicht auf einen ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss der Män­gel­an­sprü­che beru­fen kann, da der Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen wur­de, kann sich der Haf­tungs­aus­schluss aus der Kennt­nis des Käu­fers vor Ver­trags­schluss erge­ben. Denn gem. § 442 Abs. 1 BGB sind die Rech­te eines Käu­fers wegen Män­gel aus­ge­schlos­sen, wenn der Käu­fer die­se bei Ver­trags­schluss kann­te.

Die Aus­füh­run­gen des BGH im Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15 bezie­hen sich aus­drück­lich auf einen Ver­trag für den die nota­ri­el­le Beur­kun­dung vor­ge­schrie­ben ist und kann nicht ohne Wei­te­res auf sämt­li­che Kauf­ver­trä­ge über­tra­gen wer­den. Der BGH führt aus­drück­lich aus, dass die öffent­li­chen Äuße­run­gen des Ver­käu­fers durch­aus prä­gend für die Erwar­tun­gen des Käu­fers hin­sicht­lich der Beschaf­fen­heit einer Sache sein kön­nen. Außer­dem kön­nen sie zu den Begleit­um­stän­den gehö­ren, die bei der Aus­le­gung des Haf­tungs­aus­schlus­ses her­an­zu­zie­hen sind.

Der wesent­li­che Gesichts­punkt, war­um dies bei einem nota­ri­ell zu beur­kun­den­den Grund­stücks­kauf­ver­trag nicht der Fall sein soll, liegt im Schutz der Wirk­sam­keit der Ver­trags­ur­kun­de. Die­se ist nur wirk­sam, wenn sämt­li­che Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den Par­tei­en auch Gegen­stand des beur­kun­de­ten Geschäfts wer­den. Nicht beur­kun­de­te Neben­ab­re­den wür­den den Kauf­ver­trag gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1, § 139 BGB ins­ge­samt nich­tig wer­den las­sen. Zwar wird die­se Unwirk­sam­keit durch eine wirk­sa­me Auf­las­sung und die Ein­tra­gung in das Grund­buch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt. Dar­auf wol­len sich die Par­tei­en nach Ansicht des BGH aber in der Regel nicht ver­las­sen.

Letzt­lich führt die Begrün­dung des BGH aber dazu, dass allein zum Schutz der Wirk­sam­keit eines nota­ri­ell beur­kun­de­ten Kauf­ver­tra­ges der dar­in ver­ein­bar­te Haf­tungs­aus­schluss in der Regel umfas­sen­der aus­zu­le­gen ist, als bei einem nicht nota­ri­ell beur­kun­de­ten Ver­trag. Denn der Umstand, dass für einen wirk­sa­men nota­ri­el­len Kauf­ver­trag sämt­li­che Rege­lun­gen beur­kun­det wer­den müs­sen, „prägt“ nach Ansicht des BGH die Aus­le­gung der Haf­tungs­aus­schluss­klau­sel.

Die­se Begrün­dung scheint im Hin­blick auf die Rechts­fol­gen einer Sach­män­gel­haf­tung zumin­dest zwei­fel­haft. Denn bei Vor­lie­gen eines Sach­man­gels sol­len nach den gesetz­li­chen Rege­lun­gen die Rech­te des Käu­fers unter ande­rem gera­de dar­in bestehen, dass er vom Ver­trag zurück­tre­ten oder (gro­ßen) Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kann, vgl. § 434 BGB.

Inso­weit ist zumin­dest frag­lich, ob bei Feh­len von bestimm­ten Eigen­schaf­ten – auch wenn die Erwar­tung die­ser Eigen­schaf­ten durch öffent­li­che Äuße­run­gen des Ver­käu­fers her­vor­ge­ru­fen wur­den – aus Sicht der Par­tei­en und aus Sicht der gesetz­li­chen Rege­lun­gen tat­säch­lich im Zwei­fel die Wirk­sam­keit der Urkun­de Vor­rang haben soll­te oder der Käu­fer eben gera­de nicht an den Kauf­ver­trag gebun­den sein will , bzw. soll.

Gera­de weil nota­ri­ell zu beur­kun­den­de Ver­trä­ge in der Regel für die Par­tei­en bedeut­sa­me
Rechts­ge­schäf­te betref­fen, bei denen der nota­ri­el­len Beur­kun­dung häu­fig auch eine Schutz­funk­ti­on zukommt, ist nicht ohne wei­te­res nach­zu­voll­zie­hen, war­um dem Käu­fer hier­durch umfsasen­de Rech­te abge­schnit­ten wer­den, als mit dem glei­chen Wort­laut der ver­trag­li­chen Rege­lung bei einem schrift­li­chen Ver­trag.. Unklar ist auch, ob die Begrün­dung des BGH dann auch bei Ver­trä­gen Anwen­dung fin­det, die ohne Beur­kun­dungs­pflicht von den Par­tei­en frei­wil­lig in nota­ri­ell beur­kun­de­ter Form abge­schlos­sen wer­den.

Stichwörter

Grund­stücks­kauf­ver­trag, Män­gel­haf­tung, Sach­män­gel, Aus­schluss der Män­gel­haf­tung, umfas­sen­der Haf­tungs­aus­schluss, öffent­li­che Äuße­run­gen des Ver­käu­fers, sub­jek­ti­ver Feh­ler­be­griff, § 444 BGB, § 434 BGB, arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen, Grund­stücks­kauf­ver­trä­ge, § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB, Aus­le­gung von Haf­tungs­aus­schluss, BGH, Urteil vom 22.04.2016 – ZR 23/15

Impressum & Disclaimer

Die Arti­kel der »KL-Know-How Daten­bank« sind rei­ne Infor­ma­ti­ons­schrei­ben und die­nen aus­schließ­lich der all­ge­mei­nen Unter­rich­tung von inter­es­sier­ten Per­so­nen. Eine Bera­tung – ins­be­son­de­re ein recht­li­che oder steu­er­li­che – im Ein­zel­fall kann und soll hier­durch nicht ersetzt wer­den. Die Bei­trä­ge stel­len weder eine Hand­lungs- noch eine Anla­ge­emp­feh­lung dar. Eine Haf­tung für die Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der Bei­trä­ge wird aus­ge­schlos­sen. Die Aus­sa­gen und Mei­nun­gen in den Bei­trä­gen stim­men nicht not­wen­di­ger­wei­se mit denen der Her­aus­ge­ber über­ein und wer­den durch Auf­nah­men in die »KL-Know-How Daten­bank« nicht zu eigen gemacht. Daher wird eine Haf­tung für der­ar­ti­ge Inhal­te aus­ge­schlos­sen.

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes

Dr. Oli­ver Klerx LL.M., c/o KLERX Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH, Sand­str. 33, 80355 Mün­chen, Tel. +49 89 1219165–50, muenchen@klerx-legal.com

KLERX Rechtsanwaltsgesellschaft mbH