Zur Entscheidung:
Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 HGB verjähre selbständig in der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Der Anspruch werde als Hilfsanspruch allerdings gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch, dessen Vorbereitung er dienen soll, selbst schon verjährt oder aus anderen Gründen nicht mehr durchsetzbar sei.
Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Ein Anspruch ist in diesem Sinne entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls gerichtlich durchgesetzt werden könnte. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn der Anspruch gemäß § 271 Abs. 1 BGB fällig sei.
Für den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 BGB ist dies regelmäßig der Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine Abrechnung über die Provision erteilt hat. Denn gemäß § 87c Abs. 2 HGB könne der Handelsvertreter bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision zusteht. Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges entsteht daher in dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschliessende Abrechnung erteilt. Die Abrechnung könne dabei nur solche Provisionsforderungen umfassen, die tatsächlich entstanden sind. Daher bestehe auch der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nur hinsichtlich der Provisionsansprüche, die auch tatsächlich von dem Handelsvertreter abgerechnet werden können.
Von einer abschliessenden Provisionsabrechnung in diesem Sinne sei auszugehen, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter eine Abrechnung über die ihm zustehende Provision ohne Vorbehalte oder Einschränkungen erteilt habe. Denn damit sei stillschweigernd die Erklärung des Unternehmers verbunden, dass keine weiteren Provisionsansprüche des Handelsvertreters bestehen. Eine solche abschliessende Provisionsabrechnung könne auch darin bestehen, dass der Unternehmer erklärt, es seien in dem betreffenden Zeitraum keine Provisionsansprüche des Handelsvertreters entstanden.
Der BGH hebt hervor, dass es für das Entstehen eines Anspruches auf Erteilung des Buchauszuges dagegen nicht schon ausreichend sei, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Abrechnung der Provision gemäß § 87c Abs. 1 HGB zwar vorliegen, diese aber tatsächlich noch nicht erteilt wurde. Der Handelsvertreter ist in diesem Fall aber grundsätzlich berechtigt, die Erteilung des Buchauszuges dann gleichzeitig mit der Erteilung der Provisionsabrechnung zu fordern und gerichtlich geltend zu machen. Denn die Weigerung des Unternehmers, die Provisionsabrechnung zu erteilen, begründe regelmäßig die Besorgnis im Sinne des § 259 ZPO, dass er auch den mit der Provisonsabrechnung entstehenden Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges nicht rechtzeitig erfüllen werde.
Der Handelsvertreter ist auf der anderen Seite nicht verpflichtet, den Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges gleichzeitig mit der Provisionsabrechnung geltend zu machen. Der Unternehmer werde hierdurch nicht benachteiligt, da er es schliesslich selber in der Hand habe, den Verjährungsbeginn für den anspruch auf Erteilung des Buchauszuges durch die Erteilung der Provisionsabrechnung jederzeit herbeizuführen.
Mit dem Zugang einer abschliessenden Provisionsabrechnung erhält der Handelsvertreter regelmäßig im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB Kenntnis von dem Entstehen des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszuges, so dass die Verjährung des Anspruchs am Schluss des Jahres beginnt, in welches dieses Ereignis fällt.
Die Verjährung des Anspruchs auf Erteilung des Buchauszuges ist dann nicht nur auf die Geschäfte beschränkt, welche der Unternehmer tatsächlich abgerechnet hat. Vielmeht umfasst sie dann alle provisionspflichtigen Geschäfte, für die der Handelsvertreter gemäß § 87c Abs. 1 HGB eine Provisionsabrechnung des Unternehmers verlangen konnte.
Hinweis für die Praxis:
Der Handelsvertreter ist bei der Berechnung seines Provisionsanspruches regelmäßig auf Informationen des Unternehmers zu den abgeschlossenen und abgerechneten Geschäften, gewährten Rabatten, etc. angewiesen. Die gesetzliche vorgesehenen Kontrollrechte, zu denen auch die Erteilung eines Buchauszuges gehören, haben daher erhebliche Bedeutung. Gerade wenn der Unternehmer eine Abrechnung oder die Erteilung eines Buchauszuges schlicht verweigert, ist auch im Rahmen einer gerichtlichen Klage darauf zu achten, dass die Klageanträge so formuliert werden, dass keine – ggf. nicht umfasten Ansprüche – während der Dauer des Verfahrens verjähren.
Die Entscheidung des BGH befasst sich ausführlich mit den Umständen, die zum Entstehen des Anspruches auf Erteilung des Buchauszuges und damit zum Beginn der gesetzlichen Verjährung führen.
Dies wird durch zusätzliche Ausführungen dazu ergänzt, welche Umstände gerade nicht Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruchs auf Erteilung des Buchauszuges, nämlich:
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Für den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 HGB sind keine Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Provisionsabrechnung erforderlich (unter ausdrücklicher Abkehr von vorhergehenden Entscheidungen, die in diesem Sinne verstanden werden konnten).
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Es ist außerdem nicht erforderlich, dass die Provisionsabrechnung vollständig und richtig ist. Denn der Buchauszug soll ja gerade die Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Provisionsabrechnung ermöglichen. Dieser Umstand kann daher nicht Anspruchsvoraussetzung sein, da ansonsten der Buchauszug überflüssig wäre.
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Die Entstehung des Anspruches (und damit auch der Beginn der Verjährung) setze außerdem nicht voraus, dass der Handelsvertreter den Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges geltend macht. Denn sonst hätte der Handeslvertreter es während der Dauer der bestehenden Handelsvertretung allein in der Hand, den Beginn der Verjährung hinauszuzögern. Dies widerspreche aber dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften.
- Bei dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges handele es sich auch nicht um einen „verhaltenen Anspruch“, bei dem der Schuldner die Leistung nicht erbringen muss, bzw. nicht erbringen darf, bevor der Gläubiger sie verlangt. Der Unternehmer kann den Buchauszug vielmehr auch bereits gleichzeitig mit der Provisionsabrechnung erteilen.
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Die Entstehung des Anspruchs auf Erteilung des Buchauszuges setze außerdem nicht voraus, dass das Handelsvertreterverhältnis beendet ist. Dass die Wahrnehmung dieses Kontrollrechts während des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses ggf. die weiteren geschäftlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien belasten können, sei keine Besonderheit dieses Anspruchs. Vielmehr sei dies stets möglich, wenn ein Vertragspartner während eines bestehenden Vertragsverhätnisses seine gesetzlichen Rechte geltend mache. Dies rechtfertige aber – auf der einen Seite – weder eine außerordentliche Kündigung noch – auf der anderen Seite – eine Wertung, dass die Ausübung dieser Rechte erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses möglich oder zumutbar wären.
Stichwörter
BGH, Urt. vom 03.08.2017 – VII ZR 32/17; § 87c Abs. 1 HGB; § 87c Abs. 2 HGB; § 259 ZPO; Handelsvertreter, Provisionsabrechnung, Buchauszug, Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges; Verjährung; Verjährungsbeginn, regelmäßige Verjährungsfrist; § 199 Abs. 1 BGB; Kontrollrecht des Handelsvertreters; Stufenklage.